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Die 10 Gebote der Vertrauen bildenden mündlichen Kommunikation

12 Nov 14
Peter Wettler

Wir kommunizieren den ganzen Tag, ob verbal und nonverbal. Ein hieb- und stichfester Kommunikations-Dreisatz ist dabei: Was ich schreibe oder sage, muss wahr und verständlich sein für das Zielpublikum sowie mögliche Konsequenzen für die Zielpersonen aufzeigen. Welche Gebote der mündlichen Kommunikaion lassen sich noch aufzeigen? Der Kommunikationsberater Peter Wettler verrät uns seine 10 Gebote der Vertrauen bildenden mündlichen Kommunikation.

1. Wer sich - Dank guter Vorbereitung: Mundwerk ist Handwerk! - wohl fühlt, sich selbst treu bleibt, von sich auch ab und zu etwas preis gibt und sich strikt an die Wahrheit hält, kommuniziert Vertrauen bildend. Solche Auftritte wirken überzeugend und die Körpersprache spielt unbewusst sehr gekonnt mit (Schreibe informiert, Rede überzeugt). Die Tatsache, dass über 93% der entscheidenden emotionalen Informationen nonverbal erfolgen, belegt die Wichtigkeit der Körpersprache. Kommt dazu, dass der allererste Eindruck keine zweite Chance erhält (wir kommunizieren auch schweigend). Wer eigene Erlebnisse oder Träume schildert, tritt in Körperhaltung, Gestik, Mimik, Stimm-Melodie absolut reinhartringverdächtig auf. Und: Erzählen kann man ohne Zettel.


2. Wer seinem Zielpublikum (das stets von Neuem definiert werden muss) Respekt erweist und ihm - wie ein Gast gegenüber dem Gastgeber - Zuneigung schenkt, stösst auf offene Ohren, denn dann fühlt sich das Zielpublikum geachtet (Symbol: Der Gastgeber öffnet die Haustüre). Worte verbinden Personen nur dann, wenn die Wellenlänge zwischen ihnen stimmt. Respekt erweisen heisst, vorbereitet sein und daher zu wissen, wie man was, wann zu wem mit welcher Wirkung sagen will und ob überhaupt! Die Vorbereitung besteht im Auswählen und Auslassen, mit Ordnung im Kopf und vorbehaltenen Entschlüssen (Eventualplanung). Und heute mehr denn je in der würzigen Kürze: Respekt heisst auch, die Aufmerksamkeit des Gegenübers nicht zu überbeanspruchen. Faustregel für die Länge einer Gesprächs-Antwort: 20 Sekunden oder 40 Worte – danach beginnt die Aufmerksamkeit nach zu lassen.

3. Wenn sich das Zielpublikum einen persönlichen Nutzen (Vorteil, Gewinn, Bereicherung, Mehrwert, Lebens- und Orientierungshilfehilfe - materiell wie immateriell) vom Zuhören verspricht, glückt Kommunikation. Jeder Versuch einer Mitteilung gelingt nämlich nur mit dem Wohlwollen des Zielpublikums. (Symbol: Die Wohnungstüre wird geöffnet). Nützliche News und/oder vor allem persönliche Ich-/Du-Botschaften gefallen uns sehr viel besser als trockene Theorien.

4. Wer wie zu Hause am Esstisch mit lieben Freunden redet, wird selbstbewusst und bescheiden, um die Zielpersonen intellektuell nicht zu überfordern, Erlebnisse erzählen - leidenschaftlich, überzeugt, anschaulich und be-greif-bar (auch angstfrei). Kommunikation ist Kino für den Kopf. Das Publikum muss beim Zuhören einen Film (Grobdefinition Film: Handlung (Story), Emotionen, Symbolik) sehen. Der Angelsachse, der verstanden hat, sagt: „I see“, der Appenzeller: „I siechs!“ Nur wer bildhaft spricht, nimmt das Publikum gefangen (Symbol: Dem Gast wird die Wohnzimmertüre geöffnet). “Ein Bild (Beispiel) ersetzt 1'000 Worte!” (Konfuzius). Erzählungen sind allemal fesselnder als Beschreibungen - und Lebendiges hören wir viel lieber als graue, tote Theorie: Storytelling. That moves people.
„Schweig! Wenn Du’s nicht zeichnen kannst.“ Und: „Rede so, dass ich Dich sehe.“ Soll Sokrates gesagt haben.

5. Wer sattelfest ist und überzeugt von der Sache, kommuniziert erfolgreich: “Beherrsche die Sache, dann folgen die Worte.” (Cato d. Ä.) Zu beherzigen ist auch: “In Dir muss brennen, was Du in andern entzünden willst.” (Augustinus). Die Fähigkeit zu überzeugen heisst Mäeutik (Hebammenkunst): Die Idee reift im Gespräch im Kopf der Zielperson und wird dann als eigene Idee identifiziert. Keine Schauspielerin tritt übrigens ohne Textprobe vor Publikum auf. Vor allem Fachleute reden oft unvorbereitet daher, ohne vorher zu überlegen, was genau sie wie zu wem sagen und was sie damit bewirken wollen. Sie schwatzen langatmig und detailliert. Wer unvorbereitet drauflos redet, ist ein Barbar! (Beim Lesen kann man innehalten und nachdenken, Rede baut eine Beziehung auf, d.h., der Beziehungsseite ist bei Weitem mehr Aufmerksamkeit zu schenken als dem Inhalt, denn: Der Eindruck entscheidet: „Würde ich meinem Gesprächspartner unbesehen ein Occasionsvelo abkaufen?"

6. Kompetenz suggeriert, wer Personen (Nicht Bundesrat, sondern Bundesrat Meier-Müller) und Dinge (nicht Baum, sondern Buche, Esche, Eiche) beim Namen nennt, Details einflicht (mit der Lupe des Sherlock Holmes - Elementary, my dear Watson) und die komplizierten Realitäten auf einer Analogie-Ebene (Mythen, Symbole, Metaphern, Ikonen) zu spiegeln vermag. “Beispiele tun oft mehr, als viel Wort und Lehr” (Luther). Wer nicht von Menschen erzählt, redet in der Regel langweilig.

7. Wer erahnen kann, wie seine Botschaft in der Empfindung der Zielperson ankommt, kommuniziert kompetent. Es ist eher bedeutungslos, was gesagt wird. Wichtig ist, wie Körpersprache und Aussagen in der Empfindung der Zielperson ankommen. Wer kommuniziert, ist für das Ergebnis seiner Kommunikation weitgehend selber verantwortlich! Über 70% aller Fehlleistungen in Beruf und Freizeit sind auf mangelhafte Kommunikation zurückzuführen. Es genügt nicht, dass man zur Sache spricht. Man muss zu den Menschen sprechen! Die weichen Faktoren sind entscheidender als die harten Fakten. Wichtig ist der Aufbau einer Beziehung zur Zielperson, d.h. auch: Zuhören können. Zuhören können ist Voraussetzung für verständliche Kommunikation!

8. Höchstens eine Kernbotschaft! Mehr erweckt den Eindruck des heillosen Durcheinanders und stiftet Verwirrung. Kernbotschaft dramatisch auf den Nutzen für das Zielpublikumsnutzen zuspitzen und 2 - 3x wiederholen (einmal symbolisch, einmal real). Unterbotschaften müssen einen Link zur Kernbotschaft haben.

9. Mitmenschen finden eine Person dann sympathisch, wenn sie sich während des Auftrittes stets bewusst ist, dass sie sich mit Schulmeisterei, Rechthaberei und Besserwisserei keine Freunde schafft. Also: Immer zu liebe, nie zu leide! Auch nicht urteilen, werten, Rat erteilen, das verletzt, sondern Empfindungen äussern oder sagen, was man sieht – ohne Umschweife. Wer den Gesprächspartner tadelt, lernt ihn Tadeln. Wer abstrakt radebricht, hat schon verloren, wirkt inkompetent oder als Angeber. Was wirklich zu Ende gedacht und durchdacht ist, kann bildhaft, anschaulich, mit einfachen Worten und begreifbar erklärt werden.

10. Eine Zielperson hat ausserhalb ihrer Berufsausbildung oder ihres Hobbys ungefähr das Wissen eines 12-jährigen Schulkindes. Es ist daher wichtig, sich in die Zielperson hinein zu versetzen: "Das Was bedenke. Doch mehr bedenke Wie?" (Goethe, Faust). Theoretisches, Technisches, Abstraktes, Intellektuelles, Fachausdrücke, Abkürzungen, aber auch Präsentationen mit Kurven und Tabellen überfordern. Das verletzt und schmerzt. Schmerz lehnt die Zielperson ab, und damit auch den Schmerzverursacher. Es grenzt eigentlich an ein Wunder, wenn sich zwei Menschen verstehen. Kommunikationsziel muss sein: Eine Beziehung zur Zielperson und Vertrauen aufbauen.


„Die Zunge hat keinen Knochen. Doch sie kann Knochen brechen.“ (Kosovarisches Sprichwort)